„Soziale Verantwortung darf nicht bei einer Spende enden“

Unser Kollege und Mitinitiator der iteratec-Mitarbeiter*innenspende Steven erzählt, wie Viva con Agua dabei hilft, Menschen in Tansania mit Trinkwasser zu versorgen und was ihn motiviert, seine Kolleg*innen zum Spenden aufzurufen.

Auch in diesem Jahr unterstützten iteratec Mitarbeiter*innen wieder ein gemeinnütziges Projekt im Rahmen der Mitarbeiter*innen-Spende. Mit unserem Kollegen Steven haben wir darüber gesprochen, worum es dabei geht und wie er soziale Verantwortung bei iteratec wahrnimmt:

Den Empfänger der iteratec Mitarbeiter*innenspende wählen jedes Jahr die Kolleg*innen eines Standorts aus. In diesem Jahr war es Hamburg. Wie seid Ihr auf Viva con Agua gekommen?

Im Vorfeld wurde am Standort eine Umfrage durchgeführt, um zu ermitteln, welche in Hamburg präsente Organisation dieses Jahr unterstützt werden könnte. Die Vorschläge stammten aus vergangenen Diskussionen sowie der Recherche der Organisationsteams. Dabei setzte sich Viva con Agua gegen zahlreiche andere interessante Initiativen durch. Offensichtlich war die Organisation vielen Kolleg*innen ein Begriff – nicht unbedingt als klassische Spendenorganisation, sondern als Social Entrepreneurship über den Verkauf von Produkten wie Mineralwasser oder über Berührungspunkte wie Festivals oder den FC St. Pauli.

Ich selbst kannte Viva con Agua bereits von der Crowdfunding-Kampagne "Rassismus ist für'n Arsch" und hatte diese damals mit den Kolleg*innen geteilt. Deshalb gab es für mich auch keinen Zweifel, als ich gefragt wurde, ob ich mich im Rahmen der Mitarbeiter*innenspende engagieren möchte.

Welche Projekte werden mit den Erlösen aus der Mitarbeiter*innenspende unterstützt?

Viva con Agua hat die sogenannten WASH-Projekte entwickelt, um den effizienten Einsatz von Wasser, Sanitäranlagen und Hygiene in Regionen zu ermöglichen, in denen das Wasser in der Regel nicht in Trinkwasserqualität aus dem Hahn kommt. Schwerpunkt der Hilfsprojekte sind die Länder Uganda, Äthiopien, Mosambik und Südafrika. Besonders wichtig fand ich, dass es nicht nur darum geht, Infrastruktur zu finanzieren, sondern für jede Region die Probleme, ihre Ursachen und konkreten langfristigen Lösungen zu finden. Dabei zeigt sich, dass Bildung elementar für den Umgang mit unser aller knappen Ressourcen ist. Also unterstützt Viva con Agua auch viele an Schulen etablierte Projekte. Eines davon ist das Cloudfisher-Projekt in Babati, Tansania. Dabei handelt es sich um Nebelkollektoranlagen, die durch Kondensation Luftfeuchtigkeit einfangen und sie als Frischwasser in Zisternen leiten. Die Lösung fand ich faszinierend und dachte mir, dass sie als Beispiel in meinem Spendenaufruf für ein technologiegetriebenes Unternehmen wie unseres genau das Richtige wäre.

Über 11.500 Euro wurden in diesem Jahr von den Mitarbeiter*innen gespendet – soviel wie nie zuvor. Hattest du das erwartet?

Nein, auf keinen Fall. Bei der Einrichtung der Spendenaktion über die von Viva con Agua bereitgestellte Webseite rätselte ich mit der Kollegin, die mich organisatorisch unterstützte, was wir als Zielsumme angeben sollten. Wir wollten die späteren Spender*innen motivieren, aber auch ein realistisches Ziel geben. Also orientierten wir uns einfach an der im letzten Jahr erreichten Spendensumme als Zielmarke. Ich kontrollierte seit der offiziellen Ankündigung mehrmals täglich, wie sich der Fortschrittsbalken immer weiter unserer Zielmarke näherte. Ich war sehr beeindruckt als dieses schon nach wenigen Tagen erreicht war! Von da an schraubte sich die angezeigte Prozentzahl immer weiter nach oben, bis sie am letzten Tag bei fast 200% stehen blieb. Ich bin immer noch erstaunt, wie sich meine banale Chatnachricht dank vieler kleiner Fügungen zu einer Spendenaktion mit knapp 130 Spender*innen entwickelte. Als Ergebnis können nun WASH-Projekte vor Ort weiter den unschätzbaren Zugang zu und die wertvolle Aufklärung über eine unserer wichtigsten Ressourcen sichern.

Was motiviert dich persönlich, dich als Mitinitiator bei der Mitarbeiter*innenspende zu engagieren?

Die Möglichkeit als Sprachrohr für den Standort eine gemeinsam getroffene Entscheidung voranzutreiben, war eine große Verantwortung für mich. Mir war klar, dass ich ein Podium geboten bekomme und mein Anliegen zum Anliegen vieler anderer machen könnte. Die Kolleg*innen kennen mich als jemanden, der an unterschiedlichen Stellen im Unternehmen aktiv wird, ohne dass es dafür Mandate gäbe. Dass mir nun das Vertrauen für diese Initiative geschenkt wurde, ehrt mich. Außerdem werde ich dadurch bestätigt, dass aus Kleinigkeiten große Ideen wachsen können. Die halte ich an sehr vielen Stellen in unserer Gesellschaft für notwendig. Umso mehr freut es mich, dass nun meine Kolleg*innen die selbsterklärte All-Profit-Organisation Viva con Agua als Beispiel für die Vereinbarkeit von Gemeinwohl und Wirtschaft kennengelernt haben. Ich glaube, dass wir als Gemeinschaft mehr als die Summe unserer Teile und in der Lage sind, nicht nur die Welt unserer Kund*innen zu verbessern.

Was bedeutet für dich in diesem Zusammenhang soziale Verantwortung als Unternehmen?

Die endet hoffentlich nicht mit dem Abschluss der Spendenaktion. Ich sehe das Ehrenamt als wichtige Instanz für die Wahrnehmung sozialer Verantwortung; trotzdem stehe ich darüber selten im Austausch mit anderen, denn dafür fehlt im Arbeitsalltag oft die Zeit. Eine Möglichkeit bieten hier z.B. unsere Innovation Freidays. Ein weiterer Weg sozialer Verantwortung gerecht zu werden, sind direkte oder indirekte finanzielle Zuwendungen. Mich schockiert, dass sich anhand des Konsumverhaltens nicht nur der ökologische Fußabdruck, sondern auch einer für Sklaverei, berechnen lässt. Demzufolge arbeiten dutzende Menschen unter Sklaverei ähnlichen Bedingungen für jede Person, die typische Dinge des täglichen Bedarfs in einer globalisierten Welt konsumiert. Diese Verantwortung können nicht allein Individuen tragen, das sollten auch Unternehmen anerkennen.

Wie kann das beispielsweise aussehen?

Im Zuge meines Aufrufs gab es von mehreren Leuten die Frage, ob wir nicht die Produkte von Viva con Agua an den Standorten einkaufen könnten. So würden unsere Spenden durch im Produktpreis einkalkulierte Spendenbeträge verstetigt und unsere Nachricht an Kolleg*innen unterstrichen werden: dein Konsum macht einen Unterschied! Im Fall des Mineralwassers ist es auf den zweiten Blick allerdings nicht ganz so einfach: Viva con Agua empfiehlt es nur als Markenbotschafterin, denn Leitungswasser wird bei uns immer ressourceneffizienter sein. Der Ersatz eines Wassersprudlers ist also ein fauler Kompromiss. Solche Überlegungen anzustellen und die Auswirkungen von Produktions- und Kaufentscheidungen zu berücksichtigen, halte ich für einen Trend, dem Unternehmen nicht aus dem Weg gehen können. Einerseits werden jüngere Generationen diese Anliegen häufiger einbringen und andererseits müssen Unternehmen ihre Attraktivität als Arbeitgeber*innen aufrechterhalten. In den Bereichen Nachhaltigkeit und Unternehmensführung kommt hier auch noch der steigende regulatorische Druck hinzu. Ich hoffe, dass dies im Rahmen einer sozial-ökologischen Transformation unserer Gesellschaft kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch wird. Höchste Zeit also diese Themen für eine gemeinsame Zukunft zu diskutieren, gerade in den Kontexten, in denen wir täglich wirken: den Unternehmen.

Ein guter Schritt in diese Richtung sind beispielsweise unsere startsocial Projekte, bei denen sich Kolleg*innen organisieren, um mit ihrer Expertise soziale Projekte über die Plattform zu unterstützen. Dabei handelt es sich um Initiativen, die nicht mit den Stundensätzen unserer üblichen Tätigkeitsfelder konkurrieren können, aber letztendlich vor den gleichen Herausforderungen der Digitalisierung stehen.