Digitales Gesundheitssystem – 6 typische Fallstricke für IT-Entscheider

Von der Einführung der elektronischen Patientenakte bis zur Videosprechstunde – Das Voranschreiten der Digitalisierung im deutschen Gesundheitssystem lässt sich an den verschiedensten Stellen der Patientenversorgung verfolgen und immer weiter vorantreiben.

Der technologische Fortschritt soll dazu verwendet werden, unser Gesundheitssystem fit für die Zukunft zu machen.  Das Ziel ist nichts Geringeres, als das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten, und dabei gleichzeitig an die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten auszurichten.

Inhalt:

  1. Warum überhaupt Digitalisierung?
  2. 6 typische Fallstricke die IT-Entscheider kennen sollten
    2.1 Historisch gewachsene Komplexität
    2.2 Verschränkung von fachlichen und technischen Anforderungen
    2.3 Lückenloses Anforderungsmanagement
    2.4 Schrittweise Migration
    2.5 Schutz der hochsensiblen Daten
    2.6 Multidisziplinäre Teams
  3. Unsere Empfehlung

 

1. Warum überhaupt Digitalisierung?

Ein digitalisiertes Gesundheitssystem zahlt auf verschiedene Dimensionen gleichzeitig ein. Die höchste Priorität genießt die Verbesserung der Patientenversorgung.

So kann Digitalisierung mitunter dabei helfen, routinemäßig durchgeführte klinische Abläufe, wie z.B. das Aufnahme- oder Entlassungsmanagement in Krankenhäusern, effizienter zu gestalten und Aufwände sowohl seitens der Patienten wie auch des klinischen Personals zu verringern.

Ebenso entlasten bereits heute KI-unterstützte Anwendungen und robotergestützte Assistenzsysteme Ärzte und Pflegekräfte im klinischen Alltag. Schließlich lassen sich mithilfe der Telemedizin neue Versorgungsformen erschließen und klinische Netzwerke ausbauen.  

Doch auch für Leistungserbringer birgt die Digitalisierung unmittelbare Anreize. Durch eine papierlose Dokumentation und sektorübergreifenden Kommunikation werden Informationen in einem immer komplexeren Arbeitsumfeld schneller transportiert. Durch das Vermeiden von Medienbrüchen wird zudem die Wahrscheinlichkeit von Fehlern vermindert.

 

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Digitale Anwendungen sparen nicht nur Zeit, sondern helfen auch die Qualität der Versorgung zu verbessern. Ferner setzt eine Entlastung des Gesundheitspersonals insbesondere bei administrativen Aufgaben mehr Zeit für Kernaufgaben frei.

Die Digitalisierung leistet hierdurch einen wichtigen Beitrag, die Folgen eines zunehmenden Fachkräftemangels im Gesundheitswesen abzufedern.   

 

Chance und Handlungsdruck zugleich

Zur Förderung moderner Notfallkapazitäten und der Digitalisierung der Krankenhäuser stellt der Gesetzgeber gleichzeitig im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG) Gelder mit einem Gesamtvolumen von 4,3 Milliarden Euro.  

Für die deutschen Krankenhäuser bedeutet dies Chance und Handlungsdruck zugleich. Bezieht eine Einrichtung zudem Fördergelder aus dem Krankenhauszukunftsfonds (KHZF), sind eine Evaluierung des digitalen Reifegrades im Juni 2023 verpflichtend. Es besteht somit ein klarer Zugzwang für Kliniken, Fördergelder nicht nur abzurufen, sondern Fördermaßnahmen auch konsequent umzusetzen.  

 

2. 6 typische Fallstricke die IT-Entscheider kennen sollten

Sind die initialen Hürden der Beantragung der Gelder aus dem KHZF einmal genommen, müssen bei Digitalisierungsprojekten weiterhin zahlreiche Herausforderungen, von der Organisation bis zur technischen Integration, beachtet werden. Die 6 häufigsten und was es braucht, um diese zu meistern, beleuchten wir genauer:

 

1 Historisch gewachsene Komplexität

Die in deutschen Krankenhäusern vorherrschende Systemlandschaft ist über viele Jahre gewachsen und oft überholt. Die entstandenen Insellösungen erschweren zügige Integration von ganzheitlichen IT-Lösungen und behindern eine sektorübergreifende Vernetzung.

Echte Innovationen beruhen zudem nicht allein auf der Einführung neuer Soft- oder Hardware, sondern setzt auch einer Veränderung der Arbeitsabläufe voraus. Die digitale Transformation des Gesundheitssystems muss daher von allen beteiligten im Gesundheitssystem nicht bloß aufgenommen, sondern auch aktiv gestaltet und umgesetzt werden. 

 

2 Verschränkung von fachlichen und technischen Anforderungen

Bei vielen Anwendungen im medizinischen Bereich handelt es sich um komplexe Systeme mit komplexen Anforderungen.  

Digitale Systeme und Anwendungen müssen nicht nur eine spezifische Aufgabe erfüllen, sondern sich auch sinnvoll in den klinischen Workflow integrieren lassen können. Die Digitalisierung wird deshalb auch eine Veränderung der klinischen Arbeitsabläufe verlangen. Dies erschwert es, solche ganzheitlichen Transformationen anzustoßen.

Es braucht nicht nur reine Programmierer, die neue Software designen, implementieren, anschließen und warten. Vielmehr braucht es Fachexperten, welche die Prozesse neu designen und die Migration der Bestands-IT zu einer modernen IT-Architektur miteinbeziehen können.

 

3 Lückenloses Anforderungsmanagement

Eine gute Planung beginnt mit der Erstellung des Anforderungskatalogs. Ein gutes Anforderungsmanagement muss sicherstellen, dass dieser Katalog die Anforderungen vollständig und widerspruchsfrei auflistet und jede einzelne Anforderung in Hinblick auf die technische Lösung scharf definiert ist.  Denn nur so lassen sich Erfolgsfaktoren und nötige Maßnahmen für ein Projekt ableiten. Ebenso müssen die Anforderungen klar testbar sein, um die Erfüllung der Anforderungen überprüfen zu können.  

 

4 Schrittweise Migration

Die neuen Anwendungen oder Systeme müssen in eine bestehende und historisch gewachsene Systemlandschaft integriert werden. Neben der Aufnahme der Ist-IT-Landschaft muss hier eine Soll-IT-Landschaft konzipiert werden, um die schrittweise Migration so zu planen, dass der laufende Betrieb im Krankenhaus nicht behindert wird.

Damit die neuen Prozesse durchgängig und ohne Medienbrüche durchgeführt werden können, muss geklärt werden, welche Daten zwischen den beteiligten Systemen ausgetauscht werden und wer bzw. welches System die Verantwortung für welche Daten trägt. Die Ergebnisse müssen dann in Schnittstellenverträgen und -konzepten festgehalten werden. 

Digitalisierung@KHZG

 

5 Schutz der hochsensiblen Daten

Eine zentrale Herausforderung eines digitalisierten Gesundheitssystems stellt der Datenschutz dar.  Erklärtes Ziel einer Digitalisierung im Gesundheitswesen ist der vereinfachte Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Leistungserbringern. Dem gegenüber steht allerdings das fundamentale Recht aller Patienten, über die Speicherung, Verarbeitung, Übermittlung und Löschung ihrer Daten frei verfügen zu können. Patientendaten stellen im rechtlichen Sinne sensible, und deshalb besonders schützenswerte Daten dar. 

Die Sicherheitsanforderungen an Anwendungen und Systemen, die im Gesundheitssystemen zum Einsatz kommen, sind dementsprechend hoch. 

Eine genaue Analyse möglicher Angriffspunkte und Schutzmaßnahmen hilft die kritischen Punkte zu identifizieren, um sie bei der Entwicklung zu berücksichtigen.  

 

6 Multidisziplinäre Teams

Um alle relevanten Themenfelder zur Umsetzung von Digitalisierungsprojekten abbilden zu können, muss das Projektteam ein breites Wissensspektrum abdecken. Eine solche Expertise befindet sich in den deutschen Krankenhäusern erst im Aufbau. Eine deutliche Mehrzahl diese dringend benötigte Expertise fehlt zum jetzigen Zeitpunkt noch.  Auch, um sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren zu können, werden viele Häuser auf externe Unterstützung zurückgreifen müssen. Solche Partnerschaften können die Kompetenzen des eigenen Hauses ergänzen und langfristig unterstützen. Dies bietet die besten Voraussetzungen, um Digitalisierungsprojekte im Gesundheitssystem erfolgreich und nachhaltig umzusetzen.

 

 

3. Unsere Empfehlung

Die Einführung und Etablierung einer erfolgreichen Digitalisierung in Krankenhäusern bringt eine Reihe von spürbaren Vorteilen mit sich. Patienten können von einer gesteigerten Versorgungsqualität profitieren und erfahren somit einen angenehmeren Aufenthalt während ihrer Behandlung. Gleichzeitig wird es den Krankenhäusern ermöglicht, kosteneffizient zu wirtschaften und ihren Mitarbeitern ein attraktives Arbeitsumfeld zu bieten. 

Der Erfolg dieser Projekte hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sich auf verschiedenen Ebenen des IT-Management verorten lassen. Um diesen Rechnung zu tragen, geben wir folgende Empfehlungen: 

  • Anforderungsmanagement: klare Definition der Anforderungen, um Missverständnisse bei den Beteiligten und IT-Lieferanten zu vermeiden 
  • Prozessmanagement: Neugestaltung der Abläufe, um die Prozesse durchgängig und effizienter zu gestalten
  • Architekturmanagement: Erhebung der Ist-IT Strukturen und Konzeption der Soll-IT Strukturen sowie eines Migrationsplans, damit die Umbauten nicht den laufenden Betrieb stören
  • Datenmanagement: Klären der Datenflüsse, -strukturen und -verantwortlichkeiten, sowie der Schnittstellen für den Austausch von Daten
  • Sicherheitsmanagement: Identifikation der kritischen Daten, möglichen Angriffsszenarien und Formulierung von Mitigationsstrategien
 

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Dr. Masud Afschar- ist Software Engineer bei iteratec in Frankfurt. Die Kombination seines medizinischen Know-Hows und seiner 5-Jährigen Erfahrungen in der IT machen ihn zu einem Experten rund um die Digitalisierung des Gesundheitswesens.

 

Tags: Infrastructure, Innovation, Digital Business

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