Chatbots sind die beinahe unsichtbaren Helfer in einer zunehmend digitalisierten Welt, die nicht nur unsere Kommunikation vereinfachen, sondern in immer mehr Bereichen wie E-Commerce, Kundenservice und Gesundheitswesen eine zentrale Rolle spielen. Systeme wie das kürzlich von OpenAI veröffentlichte ChatGPT erfahren Aufmerksamkeit von Unternehmen und Medien weltweit - das Thema Chatbots und deren Nutzen gewinnt deutlich an Fahrt. Allerdings steckt der Teufel im Detail, denn der erfolgreiche Einsatz von Chatbots im Unternehmenskontext hängt von vielen Faktoren ab.
Als Partner im Forschungs- und Entwicklungsprojekt INSTANT haben wir gemeinsam mit der Uni Hamburg die Wertschöpfung durch intelligente Zusammenarbeit zwischen Kunden, Wissensmitarbeitern und sprachbasierten Assistenten untersucht. Im ersten Teil dieser Blogartikel-Serie rund um das Thema Chatbots möchten wir Ihnen Leitlinien1 für die erfolgreiche Einführung von Chatbots vorstellen. Im zweiten Teil werden wir uns auf wichtige Qualitätskriterien fokussieren und zeigen Ihnen, wie Sie die Qualität Ihrer Lösung anhand verschiedener Fragestellungen zuverlässig prüfen können. Zum zweiten Teil gelangen Sie hier.
Der erfolgreiche Einsatz von Chatbots - ein steiniger Weg
Der Einsatz von Chatbots hat in den letzten Jahren stark zugenommen, da sie eine kundenorientierte, wettbewerbsfähige und zugleich bequeme Kommunikationsmöglichkeit bieten. Außerdem sind sie einfach skalierbar und können sehr kosteneffizient sein. Chatbots können Service-Interaktionen durch Automatisierung, Ergänzung und Unterstützung von Lösungsstrategien und Entscheidungshilfen verbessern.
Allerdings bleiben Chatbots oft hinter den Erwartungen zurück und schaffen es meist nicht über Laborumgebungen hinaus. Falls doch, ist die Einführung und langfristige Nutzung oftmals von zahlreichen Stolpersteinen begleitet.
Ohne einer fehlenden Vision und langfristigen Planung, sowie einer klaren Zielvorstellung für die Nutzung des Chatbots ist es schwierig die vollen Potenziale der Technologie auszuschöpfen. Falsche Erwartungen, fehlende Akzeptanz oder fehlendes Verständnis im Umgang mit Chatbots führen bei Kunden und Mitarbeitern nur allzu oft zu Unzufriedenheit und folglich einer Ablehnung der Technologie. Eine weitere Herausforderung ist die Integration in eine moderne IT-Landschaft, in bestehende Infrastrukturen und Geschäftsprozesse sowie die Datenverfügbarkeit und deren NLP-Konformität, die eine Anpassung oder erneutes Training der Chatbots ermöglichen. Mit NLP-Konformität ist hier die Eignung der Daten aufgrund ihrer Struktur und Form wie Audio oder Text für die natürliche Sprachverarbeitung (engl. Natural Language Processing, kurz NLP) gemeint.
Aus diesen Stolpersteinen ergeben sich strategische, technische und interaktionelle Fragen, die wir in diesem Artikel anhand von sieben Leitlinien als Orientierungshilfe beantworten.
Leitlinien für einen erfolgreichen Einsatz
Folgende Leitlinien lassen sich für einen erfolgreichen Einsatz von Chatbots definieren:
- Bereitschaft
- Unternehmensausrichtung
- Datenmanagement und NLP-Konformität
- Entwicklung & Training
- Integration und Implementierung
- Anpassung an Nutzen
- Betrieb, Monitoring und kontinuierliche Verbesserungen
Bereitschaft
Zuerst einmal ist es wichtig das richtige Verständnis für die Unternehmensbedarfe zu haben. Dies umfasst einen intensiven Vorbereitungsprozess inklusive der Identifikation passender Business Use-Cases und einer langfristigen Strategie. Welcher Mehrwert wird durch die Einführung eines Chatbot erwartet? Zudem müssen genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, sodass eine technische und organisatorische Machbarkeit gewährleistet ist.
Unternehmensausrichtung
Neben der allgemeinen Bereitschaft im Unternehmen ist auch die Unternehmensausrichtung ein wichtiger Faktor. Eine verbindliche, kollaborative und kontinuierliche Entwicklungskultur unter den Stakeholdern im Unternehmen sichert einen langfristigen Erfolg. Ebenso tragen eine strategische Weitsicht und kollektives Engagement dazu bei. Einen Chatbot nur nebenbei, ohne viel Liebe, zu betreiben führt oft nicht zum gewünschten Erfolgt. Es empfiehlt sich, sofern möglich, Chatbots als ersten Berührungspunkt firmenintern zu verproben, bevor dies im Kundenkontext geschieht. So kann Vertrautheit und Erfahrung mit der Technologie gesammelt werden.
Datenmanagement und NLP-Konformität
Neben einer möglichst natürlichen Sprache - als würde man eine Unterhaltung mit einem Menschen führen - ist auch der Informationsgehalt während der Interaktion mit einem Chatbot entscheidend. Dazu ist ein Datenmanagement erforderlich, welches Transformationsprozesse für die Bereitstellung und Verwaltung von Daten und Informationen definiert und somit die Wissensgrundlage eines Chatbots bildet. Hierbei ist besonders zu beachten, wo und in welcher Form die Daten und Informationen vorliegen, inwieweit diese für die natürliche Sprachverarbeitung geeignet sind und wie sich diese im Laufe der Zeit ändern. Letztendlich bleibt hier die Anbindung des Unternehmenswissens, auch aufgrund der konstanten Änderung der Systeme, eine große Herausforderung.
Entwicklung und Training
Für die Entwicklung und kontinuierliche Verbesserung eines Chatbots müssen notwendige Funktionalitäten identifiziert und definiert werden. Als Entwicklungsbasis können beispielsweise bestehende Services wie das Microsoft Bot Framework genutzt werden. Für die Weiterentwicklung bzw. Verbesserung der Funktionalität und Dialogqualität durch Training des Chatbots sind entsprechende Trainingsdaten notwendig, die über das zuvor beschriebene Datenmanagement bereitgestellt werden können.
Integration und Implementierung
Für eine langfristige Nutzung ist eine nahtlose Integration und bequeme Nutzbarkeit durch Integration in die bestehende Systemarchitekturen, Arbeitsprozesse und Kommunikationskanäle entscheidend. Eine nahtlose Integration ist nicht nur wichtig für Service und Qualität, sondern auch für Vertrauen und Zuverlässigkeit. Soll der Chatbot beispielsweise firmenintern genutzt werden und wird bereits Microsoft Teams als Kommunikationsplattform genutzt, ist eine Einführung einer neuen Plattform nicht zwangsweise notwendig. Stattdessen bietet sich dort die Möglichkeit an, mit dem Chatbot wie mit jedem anderen Mitarbeiter auch über diese Plattform zu kommunizieren.
Anpassung an Nutzer
Es ist wichtig zu beachten, dass die Akzeptanz durch Nutzende bereits beim ersten Rollout eines Chatbots entscheidend sein kann. Wird einmal eine unzufriedene Erfahrung durch Nutzende gesammelt, ist eine erneute Nutzung dieses Kommunikationskanals unwahrscheinlich. Deshalb ist bereits zu Beginn eine minimale funktionale, technische und interaktive Reife notwendig.
Es ist hilfreich, Erwartungen an Nutzende zu steuern und mitzuteilen, welche Fähigkeiten der Chatbot besitzt. Alternative Hilfestellungen oder Hand-Over-Szenarien, z.B. eine Weiterleitung an Service-Experten, sollten in Situationen angeboten werden, in denen ein Chatbot Anfragen nicht versteht, nicht das Wissen über die erwünschten Informationen verfügt oder die Nutzenden mit der Interaktion unzufrieden sind. Insbesondere für den letzten Punkt ist die Einbeziehung der Nutzenden durch Feedbackmechanismen entscheidend, um hier notwendige Verbesserungen zu erreichen.
Betrieb, Monitoring und kontinuierliche Verbesserungen
Ist ein Chatbot erst einmal in Betrieb, muss das Verhalten regelmäßig überwacht und evaluiert werden, um Verbesserungspotentiale zu identifizieren und eine Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Dazu sind Kanäle für direktes Feedback hilfreich. Eine Leistungskontrolle sichert die Funktionsfähigkeit und ermöglicht eine kontinuierliche Evaluation. Dies erfordert wiederum die Einführung und Pflege von Nutzungs- und Leistungsüberwachungssystemen. Außerdem müssen Qualitätskriterien definiert sein, die für eine Evaluation genutzt werden können. Welche Qualitätskriterien für die kontinuierliche Evaluation und Verbesserung entscheidend sind, wird im Folgenden anhand verschiedener Fragestellungen verdeutlicht.
Fazit
Bei der Verwendung und der notwendigen Evaluation von Chatbots ergeben sich eine Vielzahl von Kriterien, die für einen langfristigen Erfolg und die Zufriedenheit aller Beteiligten entscheidend sind. Beachtet man sowohl die vorgestellten Leitlinien frühzeitig in allen Prozessen als auch die Fragestellungen zu den Qualitätskriterien im Folgeartikel dieser Blogreihe, steht einem nutzerfreundlichem und wertschaffendem Kommunikationskanal durch Chatbots nichts mehr im Wege.
Sie haben Fragen zum Thema oder benötigen Unterstützung bei der Einführung oder Evaluation ihres Chatbots?
Schreiben Sie gerne Stefan Blum, Principal Data Manager bei iteratec:
Stefan Blum ist Principal Data Manager bei der iteratec GmbH. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in der Leitung von AI & Data-getriebenen Projekten. Er begleitet Kunden von der zielgerichteten Auswahl der geeigneten Projekte bis zur Produktivsetzung der fertigen Lösung. Unabhängig von den zugrundeliegenden mathematischen Modellen ist die Überführung dieser in produktive Anwendungen und deren Skalierung der entscheidende Weg, der aus Ideen den Business Value generiert.
Alexander Moßhammer ist AI & Data Engineer bei der iteratec GmbH. Sein Arbeitsschwerpunkt liegt in Bereich Deep Learning und Natural Language Processing.
Quellen:
[1] Lewandowski, Tom & Heuer, Marvin & Vogel, Pascal & Böhmann, Tilo. (2022). Design Knowledge for the Lifecycle Management of Conversational Agents.