"Wir glauben, dass das Internet der Zukunft dreidimensional sein wird.“

Seit 2020 unterstützt iteratec die BMW Group beim Aufbau des 3D-AppStore – einer cloudbasierten virtuellen Kollaborationsplattform, über die BMW Group Mitarbeiter:innen unternehmensweit auf VR- und 3D-basierte Anwendungen zugreifen und neue Apps veröffentlichen können. Wir sprachen mit dem Team hinter dem 3D-AppStore darüber, wie die Lösung das Arbeiten bei der BMW Group verändert hat und welche Potenziale Spatial Computing in Zukunft bietet. 

 

Der 3D-AppStore ermöglicht es Spatial Computing-Anwendungen über die Cloud zu streamen. Wie verändert das die Arbeit bei der BMW Group?  

 

Spatial-Computing-Anwendungen, wie z.B. die 3D-Modellierung von Fahrzeugkomponenten, erfordern in der Regel sehr leistungsfähige Endgeräte, die nicht allen Mitarbeiter:innen zur Verfügung stehen. Durch die Verlagerung solcher rechenintensiven Anwendungen in die Cloud können wir Spatial Computing einem breiteren Publikum zugänglich machen. In der Praxis heißt das: Statt spezieller Hardware genügt ein Link, um auf jedem Gerät über den Browser auf 3D-Welten zugreifen zu können. Keine Hardware-Beschränkungen, kein App-Download, flexiblere Lizenznutzung. Durch den Wegfall dieser technologischen Hürden findet eine Demokratisierung dieser Technologien statt. Neben der Tatsache, dass mehr Mitarbeiter:innen die 3D-Applikationen nutzen können, verändert sich aber auch die Art und Weise der Zusammenarbeit, z.B. indem bestimmte Review-Prozesse ortsunabhängig stattfinden oder Abstimmungsprozesse stärker abteilungs- und standortübergreifend gestaltet werden können. 

 

 

Warum ist dieser Demokratisierungsansatz so wichtig für die BMW Group?  

 

Wir glauben, dass das Internet der Zukunft dreidimensional sein wird. Mitarbeiter:innen werden sich in 3D-Welten bewegen und arbeiten, unsere Kund:innen werden in 3D-Welten mit uns interagieren und unsere Produkte dort erleben. Wenn man von dieser Vision ausgeht, egal wie viele Jahre das noch entfernt ist, dann ist unser Ansatz zur Virtualisierung und die Überwindung von Hardwarebeschränkungen natürlich ein ganz wesentlicher Schritt auf dem Weg dorthin. 

 

 

Wo wird diese Vision heute bereits Wirklichkeit? 

 

Es gibt drei wesentliche Bereiche, in denen wir relevante Use Cases für Spatial Computing sehen: Erstens im Corporate-Umfeld, wo wir bereits heute Anwendungen aus dem 3D-AppStore nutzen, um interne Prozesse besser, schneller und effizienter zu gestalten. Zum Beispiel im Entwicklungsbereich, wo Design Reviews zu neuen 3D-Modellen heute zeit- und ortsunabhängig in virtuellen Meetings oder via Self-Service durchgeführt werden können. Oder in der Produktion. Dort nutzen wir VR-Anwendungen im Rahmen von Mitarbeiterschulungen, um Teile des Montageprozesses in 3D zu visualisieren und so ein besseres Verständnis der Arbeitsschritte zu ermöglichen. Zweitens sehen wir große Potenziale im Commercial-Bereich, um intensiver auf P90409557_lowRes_virtual-collaboratiounsere Kunden zuzugehen, eine Community aufzubauen und einen virtuellen Raum für Kundenerlebniswelten zu schaffen. Und eine dritte große Säule ist schließlich das Umfeld „In-Car“, also rund um das Produkt. Dort beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Spatial Technologies eine Rolle im Fahrerlebnis spielen können, ausgehend von der Grundidee, dass das Auto zur Schnittstelle in Richtung Metaverse wird. 

 

 

Wie entstehen in diesen Bereichen neue Use Cases und Applikationen? 

 

Das hängt von der Art der App ab, aber in erster Linie werden neue Anwendungen von den jeweiligen Fachabteilungen initiiert. Der 3D-AppStore fungiert dabei als offene Plattform, die allen Mitarbeiter:innen zur Verfügung steht und so intuitiv gestaltet ist, dass die Fachbereiche ihn eigenständig nutzen, Apps hochladen, verwalten und updaten können. Wir verstehen uns nicht als zentrale Kontrollinstanz oder Gatekeeper. Vielmehr besteht unsere Rolle darin, die Plattform zu betreiben, Feedback einzuholen, was auf Plattformseite verbessert werden kann und die Fachbereiche bei der Umsetzung neuer Use Cases auf der Plattform zu unterstützen.   

 

 

Wie kann diese Unterstützung aussehen?   

 

Die Kernidee der Plattform ist, dass wir einen Überblick über alle Use Cases gewinnen, die es im Unternehmen gibt, um daraus gemeinsame technologische Anforderungen abzuleiten und entsprechend häufig genutzte Technologiebausteine bzw. Features bereitzustellen, mit denen die Fachbereiche ihre Services schneller und effizienter umsetzen können. Dazu gehört auch, dass wir die Menschen, die in den verschiedenen Bereichen an Use Cases arbeiten, miteinander vernetzen, damit sie ihr Wissen austauschen und sich gegenseitig mit Ideen inspirieren können.   

 

  

Es geht also um mehr als eine technische Plattform.  

 

Absolut. Es geht nicht zuletzt darum, eine Community rund um das Thema Spatial Computing aufzubauen. Sowohl im Dialog mit Thought Leadern außerhalb des Unternehmens, wie zum Beispiel Universitäten oder den Hyperscalern. Aber vor allem auch innerhalb der BMW Group. Dort ist unser Ziel, die verschiedenen Know-how-Träger:innen im Unternehmen über die verschiedenen Bereiche - Corporate, Commercial und In-Car - hinweg zusammenzubringen, um Lern- und Synergieeffekte in der bereichsübergreifenden Arbeit an 3D Use Cases zu heben. Wichtig ist uns dabei ein interdisziplinärer Ansatz, bei dem wir nicht nur Technologen, sondern auch andere Disziplinen wie Technical Artists oder Vertreter aus dem Business an einen Tisch bringen. 

 

 

Vor dem Hintergrund dieses Community-Gedankens – wie bewertet ihr die Akzeptanz der Plattform im Unternehmen?  

 

Für die rund zweieinhalb Jahre, in denen die Plattform nun verfügbar ist, können wir eine sehr positive Bilanz ziehen: Wir sehen ein enormes Interesse an der Plattform und ihren Applikationen aus verschiedenen Fachbereichen bis hin zum Management, was sich auch in den User-Zahlen widerspiegelt. Neben den reinen Zahlen schauen wir aber auch sehr genau auf den Impact, den die Applikationen für die Nutzer:innen und das Business haben - etwa indem Durchlaufzeiten kürzer oder Entscheidungen besser werden. Das heißt, für uns ist ein ganz wichtiger Aspekt, dass wir in einem sehr engen, persönlichen Austausch mit den internen Kund:innen und ihren Use Cases stehen und sie wirklich verstehen: Was wollen die Leute damit machen? Was ist das Ziel der verschiedenen Use Cases? Wird es erreicht? Auch da sind wir mit der bisherigen Entwicklung sehr zufrieden.  

 

 

Welche Erfolgsfaktoren sind entscheidend, um eine so hohe Akzeptanz bei den Usern zu erzeugen? 


Ein zentraler Erfolgsfaktor ist sicherlich die Zugänglichkeit der Plattform. Für uns war es von Anfang an sehr wichtig, die technische Komplexität, die hinter einer solchen Lösung steckt, von den Nutzer:innen fernzuhalten und stattdessen durch Merkmale wie ein sehr übersichtliches User Interface und einen schnellen Start der Applikationen eine hochwertige User Experience zu gewährleisten. Das gilt sowohl für diejenigen, die Apps auf der Plattform veröffentlichen, als auch für diejenigen, die sie nutzen. Gemeinsam mit iteratec haben wir innovative Lösungen entwickelt, um die Workflows dahingehend zu optimieren und zu vereinfachen. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor ist die Fokussierung auf die Entwicklung von Features, die einen echten Mehrwert generieren, anstatt Technologie um ihrer selbst willen einzusetzen. Hier sind Erfahrungswerte über den tatsächlichen Business Impact aus der Community sehr hilfreich.
 

Und letztlich hat uns sicherlich auch geholfen, dass die BMW Group grundsätzlich ein sehr offenes Umfeld für den Einsatz neuer digitaler Technologien bietet. Das Mindset „Behind every digital car, there’s a digital company“ wird hier sehr intensiv gelebt. 


Das ist die Nutzerseite – wie würdet ihr den Entwicklungsprozess hinter der Plattform aus eurer Perspektive beschreiben? 


Mit dem
3D-AppStore bewegen wir uns in einem hochdynamischen Technologieumfeld und nutzen Software und Tools, die noch nicht industrialisiert sind. Dies führt dazu, dass wir im Entwicklungsprozess immer wieder auf unvorhergesehene Probleme und Herausforderungen stoßen. Dementsprechend musste der Entwicklungsprozess extrem agil und flexibel gestaltet werden. Man kann das am besten mit einem Start-up vergleichen, in dem man mit einem kleinen, schlagkräftigen Team schnell Ideen testet, erste Use Cases startet, User-Feedback einholt und von dort aus die Gesamtlösung und ihre Anforderungen Schritt für Schritt iterativ weiterentwickelt. Wir sind sehr froh, mit iteratec einen Partner gefunden zu haben, der uns auf diesem Weg tatkräftig unterstützt, indem er die Fähigkeit mitbringt, sich wahnsinnig schnell in neue Technologiefelder einzuarbeiten und immer wieder neue Lösungsansätze zu finden.
 

 

Ihr hattet die hohe Dynamik beim Thema Spatial Computing bereits angesprochen. Welche Erwartungen habt ihr da an die Zukunft? Wo könnte die Reise noch hingehen? 


Zum einen erwarten wir, dass sich mit dem Wachstum und der Etablierung im Bereich
Spatial Computing immer mehr Standards und einheitliche Formate herausbilden werden. Das wäre sehr zu begrüßen, weil es viel Komplexität aus dem Entwicklungsprozess herausnimmt. Deshalb forschen wir schon heute gemeinsam mit Universitäten daran, wie solche technischen Standards in 3D-Welten aussehen könnten. Zum anderen sehen wir großes Potenzial im Einsatz von Gen AI: Einerseits dadurch, dass KI dazu beitragen kann, weitere Grafik- und Performance-Optimierungen zu realisieren, z.B. bei der Generierung von zusätzlichen Frames für VR-Brillen. Andererseits, indem KI-Tools die Erstellung von 3D-Welten unterstützen bzw. automatisieren, so dass in sehr kurzer Zeit komplexe 3D-Welten generiert werden können. Auch das wird dazu beitragen, Spatial Computing entwickler- und anwenderseitig in die Breite zu tragen. Mit dem 3D-AppStore stehen wir an der Spitze dieser Entwicklung und hoffen, sie weiterhin erfolgreich mitgestalten zu können.
 

 

 

 

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Tags: Customer Experience Management

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