Fehlendes technisches Know-how und fehlende personelle Ressourcen – sie gehören zu den Top-Gründen, die Unternehmen beim Einsatz Generativer Künstlicher Intelligenz (Generative Artificial Intelligence, kurz GenAI) hemmen [1]. GenAI birgt jedoch das Potenzial, die Arbeit von Unternehmen in allen Branchen und Größen zu revolutionieren. Auf Basis unserer eigenen Erfahrungen möchten wir in diesem Artikel konkrete Empfehlungen für den Aufbau von KI-Kompetenzen in Unternehmen geben.
Wir stellen die Schritte vor, die Unternehmen umsetzen sollten, um ihre Mitarbeiter:innen auf die Arbeit mit KI-Lösungen vorzubereiten und gleichzeitig das eigene Kompetenzmodell effektiv voranzubringen.
Schritt 1: Jedes Team kennt die Grundlagen Künstlicher Intelligenz
Schritt 2: Etablieren Sie Entwicklungspfade für Techniker:innen und AI-Expert:innen
Schritt 3: Strategie und Innovation: Die richtigen Kompetenzen für Entscheider:innen
Schritt 1: Jedes Teammitglied kennt die Grundlagen Künstlicher Intelligenz
Wer die Innovationskraft in einem Unternehmen stärken will, muss bei allen Mitarbeiter:innen eine solide Basis im Umgang mit KI schaffen.
1. Basiswissen schulen
Bieten Sie Schulungen an, die ein grundlegendes Verständnis von KI und ihren Anwendungsmöglichkeiten vermitteln. Besonders hilfreich ist ein Überblick über die Anwendungsmöglichkeiten und eine grobe Übersicht über die bestehenden KI-Dienste der großen Anbieter. In interaktiven Schulungen können diese Dienste ausprobiert werden, um Mitarbeitende direkt einzubeziehen. Hierfür bieten die Anbieter in der Regel Playgrounds oder einfache Beispiele an [2].
2. Prompting-Workshops
Wie die meisten Werkzeuge müssen auch KI-Tools richtig eingesetzt werden, um einen echten Mehrwert zu schaffen und Ihre Mitarbeiter:innen zu begeistern. Organisieren Sie daher Workshops, in denen alle Rollen lernen, wie sie effektiv mit KI - Tools wie ChatGPT interagieren können. Sie sollten vermitteln, wie man Prompts präzise formuliert und spezielle Techniken wie Chain-of-Thought [3] anwendet.
3. Datenschutz und Sicherheit
Schulen Sie Mitarbeiter:innen im sicheren Umgang mit KI-Tools, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz und die Verarbeitung sensibler Daten. Schaffen Sie ein Grundverständnis davon, welche Herausforderungen heutige Modelle haben, wie zum Beispiel Halluzinationen und Bias, und was dies für die Nutzung bedeutet. Zeigen Sie jedoch auch Lösungen auf, um die korrekte Nutzung zu ermöglichen.
Schritt 2: Etablieren Sie Entwicklungspfade für Techniker:innen und AI-Expert:innen
Neben den allgemeinen Grundlagen sind rollenspezifische Vertiefungen wichtig, um Techniker:innen und AI-Expert:innen maßgeschneiderte Entwicklungspfade bieten zu können. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von technischem Wissen und Fähigkeiten zur Integration von KI-Diensten, sondern auch um die Förderung von Kreativität und Innovation durch praxisorientierte Ansätze.
Techniker:innen |
(z.B. Entwickler:innen, IT-Fachkräfte) |
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Schulungen zur Nutzung & Integration |
Zum Beispiel zu (Cloud-)KI-Diensten, REST-APIs und SDKs, um zu, wie diese in die Anwendungen integriert werden können. |
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Pair Programming & Communities |
Wissenstransfer & Praxiserfahrungen durch Zusammenarbeit von Softwareentwickler:innen und KI-Expert:innen. |
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Softwareentwicklung mit KI |
Integration von KI-Tools in den Entwicklungsprozess sowie in Geschäfts- und Anforderungsanalysen durch Schulungen und internen Austausch. |
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AI-Expert:innen |
(z.B. Data Scientists, Machine Learning Engineers) |
Spezialisierung |
Spezialisierung auf bestimmte Bereiche wie z.B. Lösungen für Computer Vision, Natural Language Processing oder generative KI-Lösungen. |
Technische Schulungen
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Zugang zu Vertiefungs-Kursen z.B. zur Implementierung fortgeschrittener KI-Anwendungen wie Natural Language Processing oder Methoden in den Bereichen Data Science/ Data Engineering. |
Community & Hackathons |
Teilnahme an Hackathons und Austauch in Fachcommunties, um aktuelle Entwicklungen zu diskutieren und Erfahrungen zu sammeln. |
Qualitätssicherung |
Kompetenzaufbau zur Qualitätsprüfung sowie Auswahl und Implementierung geeigneter Frameworks & QS-Pipelines. |
Security |
Sicherer Umgang mit Bedrohungen (Mehr Infos in der OWASP ML Security Top 10). |
Schritt 3: Strategie und Innovation: Die richtigen Kompetenzen für Entscheider:innen
Technologische Innovation kann nur entstehen, wenn die richtigen strategischen Entscheidungen getroffen werden. Entscheider:innen benötigen KI-Kompetenzen, um aktuelle Herausforderungen bewältigen und zukünftige Wachstumschancen erkennen zu können. So können diese Kompetenzen erworben werden:
Strategisches KI-Verständnis |
Schulungen und Vorträge zu Trends und Einsatzmöglichkeiten von KI in der Unternehmensstrategie (u.a. Auswahl geeigneter Cloud-KI-Dienste für verschiedene Anwendungsfälle). |
Innovationsmanagement |
Workshops & Vorträge zur Förderung von KI-Innovationen und deren Integration in Geschäftsprozesse, mit einem Fokus auf die Planung und Verwaltung von KI-Lösungen. |
Netzwerkaufbau & -pflege |
Durch die hohe Komplexität und den rasanten Wandel sind professionelle Netzwerke unentbehrlich. Community-Veranstaltungen fördern den Austausch, um Zugang zu Kooperationen zu ermöglichen. Ein starkes Netzwerk unterstützt Innovationen und gemeinschaftliche Entwicklungen. |
Risikoabschätzung & -management |
Schulungen zu technischen, ethischen und rechtlichen Risiken sowie Datenschutz, um verantwortungsvolle und transparente KI-Lösungen zu fördern und Risiken zu minimieren. |
Damit die Umsetzung gelingt, möchten wir Ihnen noch ein paar Tipps mit an die Hand geben.
Tipp 1: KI-Fähigkeiten durch praxisorientierte Ansätze aufbauen
Schulungen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Vermittlung von KI-Fähigkeiten, sollten aber in jedem Fall durch praktische Projekte ergänze werden. So ist es möglich, ein tieferes Verständnis zu erlangen und die Kompetenzen in der Kultur des Unternehmens zu verankern.
- Interdisziplinäre Teams: Bildung von Teams, die an cross-funktionalen Projekten arbeiten (z.B. ein Team aus Fachbereichsverantwortlichen, Software-Entwickler:innen, UI/UX-Expert:innen und AI-Expert:innen).
- Praxisorientiertes Lernen: Dienste der großen Cloud-Anbieter sowie spezialisierte, kleinere Anbieter testen, um Hands-on Erfahrung mit verschiedenen KI-Diensten zu sammeln.
- Community-Engagement: Aktive Teilnahme an einer KI-Community, um Erfahrungen auszutauschen und von den neuesten Entwicklungen zu lernen.
- Erfolgsmessung: Einsatz von Metriken zur Bewertung des Fortschritts in der Entwicklung von KI-Kompetenzen, z.B. basierend auf Anforderungen von KI-Zertifizierungen (Bsp.: Azure AI-102 Exam). Alternativ können eigene Ziele entwickelt werden, z.B. Anzahl konkreter Umsetzungen auf verschiedenen Cloud-Plattformen als POCs.
- Feedbackschleifen: Regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Schulungsprogramme anhand von Rückmeldungen und KI-Trends.
Tipp 2: Wirkung durch Skalierung – KI in kleinen Schritten einführen
Radikale Änderungen stoßen häufig auf Widerstand unter den Mitarbeiter:innen. Beginnen Sie Änderungen mit kleinen Schritten, um Akzeptanz zu schaffen. Wichtig dabei ist es, eine klare Zielvorstellung für den Einsatz von KI zu haben und darauf hinzuarbeiten.
- Optimieren Sie einzelne Aktivitäten durch den Einsatz von KI: Das können Routineaufgaben innerhalb eines Prozesses sein, die mit KI automatisiert werden.
- Passen Sie Rollen in der Organisation an: Ziel ist es, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie einzelne Aufgaben durch punktuelle Verbesserungen besser gemanagt und so die Arbeitsqualität verbessert werden kann.
- Gestalten Sie Geschäfts- und Arbeitsprozesse grundlegend neu: Der größte Impact entsteht, wenn ganze Prozesse mit KI transformiert werden, z.B. die Neugestaltung eines Service Desks zur schnelleren Bearbeitung von Anfragen oder sogar die Abbildung des kompletten Value Streams durch KI, wie zum Beispiel bei der Softwareentwicklung: Anforderungsanalyse, Codeerstellung und Loganalyse im Betrieb mithilfe von KI.
Fazit
Die aktuellen Entwicklungen im Bereich KI haben das Potential Unternehmen nachhaltig zu transformieren. Dafür müssen je nach Rolle die nötigen Skills aufgebaut werden. Da verschiedene Gruppen durch den Austausch voneinander profitieren, empfehlen wir in cross-funktionalen Teams neue Produkte zu entwickeln und somit ein gemeinsames Verständnis für den KI-Einsatz aufzubauen. Dabei ist es wichtig, die neuen Technologien unkompliziert zugänglich zu machen, um früh eine breite Akzeptanz der Mitarbeitenden zu erreichen.
Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung?
Mehr zu den Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz für Ihr Unternehmen finden Sie auf unserer Webseite.
Dies ist der dritte Teil unserer Serie zur Implementierung von GenAI. Entdecken Sie auch die ersten beiden Teile:
Teil 1: Erste Schritte beim Einsatz von GenAI: Von der Idee zum digitalen Produkt
Teil 2: Was Unternehmen bei der Umsetzung einer KI-Strategie beachten sollten.
Dr. Tehseen Rug arbeitet als AI & Data Architect bei iteratec. Er entwickelt individuelle, KI-basierte Anwendungen. Diese umfassen sowohl passgenaue Machine-Learning-Lösungen, sowie Applikationen, die generative KI in den produktiven Einsatz bringen. | |
Jens Werschmöller ist Business Analyst und Product Owner. Er leitet den Themenbereich Generative AI und treibt die Entwicklung innovativer KI-Lösungen für unterschiedliche Geschäftsbereiche voran. |
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Steffen Jendrny ist Software Engineer bei iteratec. Spezialisiert ist er auf Webentwicklung, künstliche Intelligenz und Datenanalyse und wirkt in Projekten zum Einsatz von Generative AI in Unternehmen mit. | |
Dr. Andreas Reuschl leitet das Competence Center für Digitalisierung bei kobaltblau Management Consultants. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Strategieentwicklung, Organisationsdesign und digitale Transformation. |
Quellen:
[2] https://console.groq.com/playground
[3] https://blog.research.google/2022/05/language-models-perform-reasoning-via.html