Seit 2024 sind viele große Logistikunternehmen zur Offenlegung von Nachhaltigkeits- und Emissionsdaten verpflichtet. Die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) macht Nachhaltigkeit messbar und fordert von Unternehmen eine neue Stufe der Transparenz(Europäisches Parlament, 2022). Doch genau daran scheitern viele: Die Daten, die sie für ein glaubwürdiges Reporting benötigen, sind oft unvollständig, isoliert oder gar nicht kompatibel (Dayal S. Prasad, 2020).
Ohne nutzbare Daten keine Nachhaltigkeit. Doch das lässt sich ändern: Der Schlüssel liegt im durchgängigen Datenaustausch – und der gelingt nur mit offenen, interoperablen Standards.
Warum fehlende Daten die Nachhaltigkeit in der Logistik bremst
Die Logistikbranche ist digital, doch sie bleibt in weiten Teilen fragmentiert. Eine niederländische Erhebung zeigt: In rund der Hälfte der Logistikunternehmen sind die abteilungsspezifischen IT‑Systeme kaum oder gar nicht miteinander interoperabel (TLN, 2019). Dies führt zu erheblichen Integrationsaufwänden beim Datenaustausch mit Partnern und bei der Anbindung neuer Dienstleister – selbst dort, wo bereits IT-Systeme existieren, etwa Transportmanagement- oder Umwelt-Monitoring-Software.
Das Problem lässt sich besonders gut an Emissionsdaten und -standards skizzieren. Hier zeigt sich auf zwei Ebenen, wie komplex es ist, Emissionsdaten lückenlos und nachvollziehbar zu dokumentieren: technisch und methodisch.
Technisch erfassen Unternehmen ihre Emissionsdaten mit ganz unterschiedlichen Tools und Formaten. Während ein Akteur auf standardisierte APIs setzt, tauscht ein anderer CSV-Dateien per E-Mail aus. Das führt zu Datenverlusten, Übertragungsfehlern und zeitaufwändiger manueller Konsolidierung.
Methodisch unterscheiden sich zudem die zugrunde liegenden Berechnungsstandards:
Einige Unternehmen arbeiten mit Durchschnittsverbräuchen, andere mit realen Fahrdaten.
Auch die Frage, welche Transportabschnitte (Vorlauf, Hauptlauf, Nachlauf) einbezogen werden, wird je nach Partner unterschiedlich beantwortet. Das Ergebnis: Emissionen sind nicht vergleichbar, und ein konsistentes Reporting für Kunden, Behörden oder Investoren ist kaum möglich. Gemeinsam führen diese Unterschiede dazu, dass Daten zwar vorhanden, aber nicht kompatibel, vergleichbar oder belastbar sind.
Diese Fragmentierung hat Folgen:
- Nachhaltigkeitsberichte bleiben unvollständig oder fehleranfällig.
- Regulatorische Anforderungen sind schwer zu erfüllen.
- Transparenz gegenüber Kunden und Investoren sinkt.
- Der Aufwand für Reporting und Nachweise steigt erheblich.
Um Lieferketten nachhaltiger zu gestalten, müssen alle Beteiligten – vom Transportdienstleister bis zum Verlader – Emissionsdaten kontinuierlich und standardisiert erfassen, austauschen und transparent machen. Das lohnt sich besonders bei Emissionsdaten, weil sie regelmäßig aktualisiert werden müssen.
Kurz: Wer seine Daten nicht beherrscht, kann Nachhaltigkeit nicht beweisen, geschweige denn gestalten. Deshalb braucht es für eine nachhaltige Logistik einen durchgängigen Datenaustausch.
Standardisierung als Hebel für Dekarbonisierung und Effizienz
Die Harmonisierung und Digitalisierung des Datentransfers verändert die Logistik grundlegend. Wenn isolierte Systeme durch offen zugängliche, standardisierte IT-Lösungen ersetzt werden, entstehen vernetzte Datenflüsse, die Nachhaltigkeit erst mess- und steuerbar machen. Standardisierung ist kein rein technisches Detail, sondern der entscheidende Hebel für Dekarbonisierung, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit in der Logistik (Stenzel, 2023).
Zentrale Auswirkungen:
- Reduzierung der Integrations- und Pflegeaufwände: Schnittstellen zu Partnern, Lieferanten und internen Abteilungen können standardisiert werden, was den Wartungsaufwand und Fehlerquellen minimiert.
- Echtzeitdaten und Automatisierung: Durchgängige Datenflüsse ermöglichen prozessübergreifende Automatisierung (z. B. automatisierte Emissionsberechnung und -reporting) und datengetriebene Entscheidungen.
- Agilität und Skalierbarkeit: Unternehmen können schneller auf Marktveränderungen, Kundenerwartungen oder Regulatorik reagieren, neue Geschäftspartner und logistische Services integrieren.
- Transparenz und Compliance: Einheitlicher Zugang zu qualitätsgesicherten Daten – insbesondere zu Emissionswerten – ermöglicht die Erfüllung regulatorischer Anforderungen (z. B. CSRD, European Green Deal) und steigert die Glaubwürdigkeit gegenüber Kunden und Investoren.
- Optimierung logistischer Prozesse: Dank besserer Datenlage können Routen, Auslastungen und Ausweichszenarien optimiert, Emissionen reduziert und Kosten gesenkt werden.
- Erhöhte Attraktivität für Kunden: Transparente, verlässliche Emissionsdaten sowie nachhaltige Lieferketten werden für Kunden und Geschäftspartner zunehmend entscheidungsrelevant (Ella Mae Matsumura, 2014).
Offene Standards für nachhaltige Lieferketten
Der Nutzen von Datenaustausch entlang der Supply Chain ist zwar erwiesen, doch fehlen oft konkrete Anreize für den Erstinvest in Standards, Schnittstellen und Kompetenzen. Dennoch zeigt sich anhand branchenweiter Initiativen, anerkannter Studien und konkreter Best-Practices, dass die konsequente Vereinheitlichung und Digitalisierung des Datentransfers nicht nur dringend notwendig, sondern vor allem auch wertschöpfend ist. (Goasduff, 2021; Ströher, 2025)
Deshalb engagieren wir uns als Mitglied in der Open Logistics Foundation. Gemeinsam mit der Stiftung entwickeln wir mit vielen weiteren Unternehmen praxisnahe, offene Software- und Datenstandards, etwa für automatisiertes Emissionsreporting und standardisierten Datentransfer zwischen allen Akteuren der Lieferkette.
In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe entstehen interoperable Lösungen, die
- offene und standardisierte Datenmodelle sowie Schnittstellen für Emissionsdaten fördern,
- den Austausch und die Automatisierung von Emissionsdaten zwischen allen Beteiligten,
- und Unternehmen so einen praxistauglichen Einstieg in datengetriebene Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung erleichtern.
Die Ergebnisse fließen in konkrete, sofort nutzbare Tools und Services – vom vereinheitlichten Datenmodell bis zu Open-Source-Lösungen für den automatisierten Austausch von Emissionsdaten.
Lesen Sie dazu auch unseren Blogartikel: eCMR Integration: So digitalisieren Sie Ihren Frachtbrief
Wer heute vernetzt, gestaltet die Logistik von morgen
Unternehmen, die heute in eine integrierte Dateninfrastruktur und nachhaltige Schnittstellen investieren, legen das Fundament für Effizienz, Transparenz und Innovationskraft. Sie bieten Kunden und Partnern nachvollziehbare Emissionswerte, erfüllen regulatorische Anforderungen und positionieren sich als Vorreiter für nachhaltige Lieferketten. Die Zukunft der Logistik wird datengetrieben, kooperativ und transparent sein.
Wer den Wandel proaktiv gestaltet, profitiert langfristig – und trägt dazu bei, dass wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Ziele im Einklang erreicht werden.
Quellen
Dayal S. Prasad, R. P. (2020). Critical Success Factors of Sustainable Supply Chain Management and Organizational Performance: An Exploratory Study. Transportation Research Procedia, 327-344.
Ella Mae Matsumura, R. P.-M. (1. 03 2014). Firm-Value Effects of Carbon Emissions and Carbon Disclosures. The Accounting Review, S. 695-724.
Europäisches Parlament. (14. 12 2022). Directive (EU) 2022/2464 of the European Parliament and of the Council of 14 December 2022 amending Regulation (EU) No 537/2014. Von Directive (EU) 2022/2464 of the European Parliament and of the Council of 14 December 2022 on corporate sustainability reporting. Official Journal of the European Union, L 322, 21.12.2022: https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2022/2464/oj abgerufen
Goasduff, L. (20. 05 2021). Data Sharing Is a Business Necessity to Accelerate Digital Business. (Gartner, Inc.) Abgerufen am 24. 10 2025 von https://www.gartner.com/smarterwithgartner/data-sharing-is-a-business-necessity-to-accelerate-digital-business
Stenzel, A. W. (2023). Supply-chain data sharing for scope 3 emissions. npj Climate Action.
Ströher, T. K. (2025). Bridging carbon data’s organizational boundaries: toward automated data sharing in sustainable supply chains. Electron Markets.
TLN, e. &. (2019). Nationaal Onderzoek data en digitalisering in de logistiek.
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