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Wo wird KI in der IT-Modernisierung heute schon eingesetzt und welche Herausforderungen ergeben sich für Unternehmen?

Geschrieben von iteratec | 08.10.2024 12:11:42

70% aller IT-Modernisierungsprojekte scheitern! Mit generativer künstlicher Intelligenz (Gen AI) kann das Risiko bereits signifikant gesenkt werden und wichtige Ressourcen in der Umsetzung der Modernisierungsprojekte fokussiert eingesetzt werden. Wir beleuchten die aktuellen Chancen.

 

Wo wird KI in der IT-Modernisierung heute schon eingesetzt? 

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, einen festen Platz in der IT-Modernisierung einzunehmen. Unternehmen können KI nutzen, um bestehende Alt-Anwendungen (Legacy-Systeme) zu analysieren, zu optimieren oder grundlegend neu zu gestalten—mit neuer fachlicher Ausrichtung, Modularisierung durch Domänenschnitt (DDD) und moderner Technologie. Legacy-Applikationen haben häufig das Kernproblem mangelnder fachlicher und technischer Anpassungsfähigkeit sowie bestehender Grenzen, um im aktuellen Wettbewerb bestehen zu können. Der Druck ist daher enorm.

KI bietet konkrete Möglichkeiten, den Ablösungsprozess zu begleiten oder zumindest technische Verbesserungen zu identifizieren und deren Umsetzung sowie Überführung in die Zielarchitektur zu unterstützen.

Die Ablösung von Legacy-Lösungen ist weit mehr als das Umschreiben von Code von A zu B. Im Gegenteil es sind im Rahmen notwendiger fachlicher Entscheidungen im Domänenschnitt und in Business-Capability-Maps wichtig strategische Entscheidungen fundiert zu treffen, um eine Balance zwischen sinnvoller Wiederverwendung von fachlicher Logik und technischen Implementierungsdetails und kompletter Neugestaltung zu finden.

Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die bereits bestehenden Einsatzmöglichkeiten von KI in der IT-Modernisierung.

 

Inhalte

 

Einsatz in der Dokumentation und Analyse

Die IT-Modernisierung beginnt mit einer umfassenden Analyse des bestehenden Systems. Dies kompensiert oft unzureichende fachliche und technische Dokumentationen und ermöglicht ein tiefes Verständnis der Architektur und der Systeminhalte. Eine zentrale Maßnahme ist dabei die strukturelle Komponenten-Zerlegung. Allerdings führt diese Analyse häufig zu erheblichem "Code-Rauschen", was den Prozess zeit- und kostenintensiv macht.

Hier bietet der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) wesentliche Vorteile, indem sie den Analyseprozess beschleunigt. Funktionen werden sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich ihrer Ein- und Ausgaben beschrieben, um "Signaturen" der Funktionspunkte zu definieren, die in späteren Analyseschritten nützlich sind. Diese Signaturen können so ein Ausgangspunkt und wichtige Referenz für weitere Arbeiten bilden.

KI ermöglicht tiefgehende Geschäftsanalysen direkt aus dem Code. Sie kann helfen nicht aktiv genutzte Softwareteile zu erkennen, veraltete Elemente zu identifizieren und ungenutzte Funktionen aufdecken. Dies funktioniert mit dem aktuellen Entwicklungsstand jedoch nur im Zusammenspiel mit klassischen Code-Analyse-Tools, menschlicher Analysefähigkeit und gezielte Code-Analysen mit GenAI. Im Ergebnis wird dadurch ersichtlich, wo Handlungsbedarf besteht und welche Teile der Software optimiert oder entfernt werden können. Dies ist im Rahmen von „Clean-Ups“ bereits ein guter Basis-Schritt, um das Daten-Rauschen zu reduzieren.

Ein weiterer Vorteil der KI liegt in ihrer Fähigkeit, schnell Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Systemen zu identifizieren. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass Änderungen an einem System keine negativen Auswirkungen auf die gesamte Anwendungslandschaft haben. Der Analyseschritt mit GenAI ist aber auch hier wieder ein Zusammenspiel verschiedener Techniken und sollte in der Erwartungshaltung nicht mit 1xShot-Prompting verwechselt werden. Dieser Schritt muss umfassend und genau sein und erfolgt daher schrittweise.

Ein interessanter Aspekt ist die Möglichkeit, mithilfe generativer KI (GenAI) "Simulationen" neuer Bedingungen für das Altsystem durchzuführen. Hierbei wird die "bereinigte" Codebasis modularisiert und in den Kontext von GenAI eingebracht, um in die heutigen kleineren Kontextfenster zu passen. So kann beispielsweise das Zehnfache des Transaktionsvolumens von Bestellungen simuliert werden. Das System kann dadurch beispielsweise Schwachstellen in der Parallelisierung, im Caching und in der Datenbankarchitektur aufdecken—Bereiche, die auch heute noch Expertenwissen erfordern. Uns haben die erreichbaren Ergebnisse sehr beeindruckt.

Nach Abschluss der Analysephase kann KI auch bei der Erstellung der Dokumentation unterstützen. Diese ist nicht nur detailliert, sondern auch für Nicht-Techniker verständlich erfassbar. Dadurch wird sichergestellt, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Informationsstand sind und komplexe Sachverhalte leicht verständlich vermittelt werden.

 

Sicherheit erhöhen, Compliance einhalten durch KI

Legacy-Systeme wurden zum Zeitpunkt ihrer Entwicklung und ersten Live-Stellung häufig unter anderen regulatorischen Rahmenbedingungen entwickelt. Auch ist der Reifegrad von Software hinsichtlich der Absicherung in den letzten Jahren ein deutlich anderer geworden. Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) kann hier systematisch unterstützen, um in der Codebasis potenzielle Einfallstore in den Altsystemen zu finden. Sie kann dabei helfen, entsprechende Absicherungsmechanismen aufzubauen, indem sie direkten Zugriff auf das erlernte Wissen bietet bzw. die Recherche nach Lösungen unterstützt. Das Setup orientiert sich hier an Agenten-Lösungen, die Aufgabenstellungen bekommen und diese mit eigener Planung und unter Nutzung von Dritt/Spezialtools umsetzen (OWASP-Analyse, Scanner, Web-Recherche).

Anders als in aktuellen Programmiersprachen sollte jedoch nicht die Erwartung sein, dass z.B. in COBOL-Code automatisch Security-Patches generiert, werden können und damit ein Autofix immer möglich ist. Ansätze hierfür sind bereits erkennbar (GitHub-Duo-Workspace-Lösung von Microsoft), funktionieren aber eher in aktuellen Systemlandschaften als in Altsystemen.

Unter der Annahme, dass das Bestandssystem häufig nur mit erheblichen Anstrengungen abgesichert werden kann, kann es hilfreich sein, modernste KI-Fraud-Detection-Mechanismen einzusetzen bei beinahe unveränderte Code-Basis der Altanwendung. Hierbei werden verdächtige Muster in Log-Dateien der Anwendungen, im Netzwerkverkehr oder in Datenspuren gesucht. Dadurch können bei Bedarf Maßnahmen wie das Auslösen eines Kill-Switches oder andere Reaktionen eingeleitet werden, die zwar unerfreulich sind, aber dennoch proaktiv die Sicherheit erhöhen. Die Verbesserung der Sicherheit erfolgt hier aber nur indirekt.

 

Leistungen steigern und optimieren durch KI

Ein weiterer zentraler Vorteil von KI besteht in der Möglichkeit, die Leistung und Funktionalität bestehender IT-Systeme zu optimieren. Anstatt alte Systeme komplett zu ersetzen, wenn neue leistungsfordernde Umstände entstehen—wie etwa die Erschließung neuer Märkte—kann KI gezielt eingesetzt werden, um die Leistungsfähigkeit zu verbessern. Diese Optimierungen betreffen insbesondere die Analyse und Verbesserung von Datenbanken, Konfigurationseinstellungen, Operating-System-Werte und mehr. Obwohl dieser Bereich nach wie vor eine Domäne von menschlichen Experten ist, kann GenAI gezielt unterstützen. In der Praxis stoßen jedoch Standard-Large-Models ohne speziell trainierte Modelle, zum Beispiel für COBOL, DB2, IBM Warp-OS schnell an Grenzen, da die Trainingsdaten hierfür nicht ausreichend repräsentiert sind in den großen Standard-Sprachmodellen. Es sind hierfür technische Lösungen notwendig, die in diesem Rahmen aber nicht weiter ausformuliert werden sollen (RAG, Graph-Datenbanken, Code-As-Data-Ansätze, Dependency-Trees, Multi-Step-Reverse-Engineering).

 

Datenmigration

Bei der Ablösung von Altanwendungen ist die Ableitung und Erstellung einer zukunftsfähigen Datenstruktur und Daten-Governance ein sehr großes Arbeitspaket. Altdaten müssen zu großen Teilen regulatorisch (oft revisionssicher) überführt werden. Hierbei sind Datenbereinigungen, Daten-Transformationen und Mappings notwendig. GenAI kann dabei unterstützen, geeignete ETL-(Extract-Transform-Load)-Setups zu definieren, die in diesem Zusammenhang eine große Rolle spielen. Hier geht es daher häufig eher um eine geschickte Orchestrierung von hierfür geeigneten Werkzeugen. Die Durchführung allein mit GenAI ist aus Kostengründen bei Massendaten und auch aus Sicht der notwendigen Qualitätssicherung bei einem nicht-deterministischen System wenig ratsam mit dem heutigen Stand der Technik.

 

Finanzielle und organisatorische Herausforderungen in der Nutzung von KI

Der Einsatz von KI bringt für Unternehmen erhebliche Herausforderungen mit sich. Insbesondere die hohen Kosten für Entwicklung und Implementierung stellen für viele eine bedeutende Hürde dar, vor allem wenn eine skalierbare und abgesicherte KI-Basisarchitektur noch nicht vorhanden ist. In IT-Modernisierungsprojekten, die oft mehrere Dutzend Mannjahre an Migrationskosten umfassen, fallen diese Kosten jedoch erheblich geringer aus, wenn GenAI ihre Vorteile im konkreten Unternehmensumfeld ausspielen kann.

Ein kritischer Faktor ist der Fachkräftemangel bei der Ablösung von Altsystemen. Die Anzahl der Personen, die diese Systeme technisch und fachlich betreuen können, nimmt ab, was häufig einen aktiven System-Wechsel erzwingt.

Migrationsprojekte sind daher oft operativ notwendig und strategisch zwingend, um den Prozess inhaltlich begleiten zu können, bevor das Wissen der erfahrenen Mitarbeiter verloren geht. Die heutigen GenAI-Systeme sind nicht in der Lage, menschliches Experten-Know-how vollständig zu ersetzen. Es gibt daher nur zwei große Handlungsstränge: Wissen zu digitalisieren und nicht nur für KI zugänglich zu machen, oder Wissen neu aufzubauen durch gezielte Analysen, Business-Engineering und Neuausrichtung. In der Praxis sollte dies jedoch nicht Schwarz oder Weiß sein!

Was lernen wir daraus?

GenAI ermöglicht es uns, die vorhandenen Implementierungsdetails eines Systems besser zu verstehen, sein Design zu erfassen und Erkenntnisse zu gewinnen—und das ohne 100% Abhängigkeit von menschlichen Experten. Wir können LLMs nutzen, um Anforderungen auf niedriger Ebene direkt aus dem Code zu extrahieren, automatische Dokumentation zu erstellen und sogar Domänen, Subdomänen und Fähigkeiten aus der Codebasis abzuleiten. Dies beschleunigt den Modernisierungsprozess erheblich und reduziert die Kosten.

Obwohl die Technologie noch in den Kinderschuhen steckt und Herausforderungen bestehen, insbesondere bei der Bewältigung der Komplexität von Legacy-Systemen, sind wir überzeugt, dass GenAI das Potenzial hat, die IT-Modernisierung grundlegend zu verändern. Durch den gezielten Einsatz von GenAI können Unternehmen die Kosten und den Zeitaufwand für die Modernisierung reduzieren und gleichzeitig den Mehrwert erhöhen, den sie aus ihren IT-Systemen ziehen.

 

Bereiten Sie Ihr Unternehmen auf die KI-Revolution in der IT vor!

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